Individualisierung: wenn widersprüchliche Dynamiken überfordern
Dienstag, der 4. April 2023, 19:00 bis 20:30 Uhr
mit Angelika Sandtmann || online
Anmeldeschluss
2. April. Anmeldung über das Onlineformular unten.
SCHLAGLICHT mit
Im Verhältnis von Individuum und Gesellschaft zeichnet sich seit mehreren Jahrzehnten ein grundlegender Wandel ab, der von vielen Soziologen als Prozess der Individualisierung beschrieben wird. Zunehmend wird das Individuum zentraler Bezugspunkt für sich selbst und die Gesellschaft. Dass dieser Prozess widersprüchliche Dynamiken in sich birgt, wurde bereits seit Ulrich Becks Untersuchungen zur „Risikogesellschaft“ 1986 breiter diskutiert. Die individuelle Verselbständigung werde paradoxerweise zunehmend durch die Rahmenbedingungen des Vergesellschaftungsprozesses erschwert.
Vieles deutet darauf hin, dass sich dieser Prozess gegenwärtig zuspitzt. So spricht Oliver Nachtwey inzwischen von Symptomen einer „regressiven Modernisierung“, wenn „der gesellschaftliche Fortschritt nichtintendierte negative Folgen für das Individuum zeitigt“. Viele Menschen sehen sich heute vor kaum mehr lösbare Widersprüche gestellt, wenn sie komplementäre Normsysteme gleichzeitig verinnerlicht haben, etwa Erfolg und Authentizität; das Streben nach Differenzierung, das in der Masse gerade zu einer Standardisierung führt; der allgegenwärtige Wettbewerb, auch in der Freizeit, usw. Gibt es ein Entkommen aus diesen überfordernden Dilemmata?
Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, wenn heute von verschiedenen Seiten ein Ende der „Hyperindividualisierung“ und stattdessen mehr „Solidarität“ gefordert wird. Aber sind Individualismus und Solidarität überhaupt Gegensätze? Gehören sie nicht vielmehr zusammen? Gesichtspunkte dafür zu erarbeiten, soll im Zentrum des SCHLAGLICHT-Abends stehen.
Neben Darstellungen der Referentin und der gemeinsamen Lektüre kurzer Texte zum Thema wird auch Zeit für ein Gespräch sein. Den Teilnehmenden werden die Texte nach der Anmeldung als PDF-Dokument zur Verfügung gestellt. Die vorherige Kenntnis wird für die Teilnahme nicht vorausgesetzt.
„Zukunft“ (Allgemeines zur Reihe)
Wie offen ist unsere Zukunft? Angesichts zunehmender Bedrohungen, die aus verschiedenen Richtungen (Geopolitik, Klima, Gesundheit u.a.) heute gleichzeitig und beschleunigt auf uns zukommen, macht sich allenthalben ein Gefühl der Überforderung und Ausweglosigkeit breit, das dabei ist, sich in blanke Angst vor jeglicher Zukunft umzuwandeln.
Die naheliegende Frage einer akuten Krisenbewältigung enthebt uns nicht der anderen Frage, wie es zu dieser Mehrfachbedrohung kommen konnte. Ist vielleicht schon die Art des Denkens, der wir uns seit Jahrzehnten hingeben, unangemessen oder sogar kontraproduktiv?
Diese Frage steht im Zentrum der SCHLAGLICHT-Reihe „Zukunft“. Dazu sollen die Denkansätze von Menschen in den Blick genommen werden, die sich im Zeitgeschehen wach bewegen/bewegt haben und dabei teilweise schon seit Mitte des 20. Jahrhunderts entsprechende Beobachtungen gemacht haben.
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Die SCHLAGLICHT-Abende setzen thematisch jeweils neu ein und können daher auch einzeln besucht werden.
Informationen

Art der Veranstaltung: Der SCHLAGLICHT-Abend wird als Onlineveranstaltung angeboten. Mittels BigBlueButton (Open Source) werden alle Teilnehmer miteinander verbunden sein.
Kostenbeitrag: Höhe nach eigener Einschätzung. Studierende frei.
Alle weiteren Informationen folgen mit der Anmeldebestätigung.